Der Ab-und-Zu-Feuerwehrmann

Ein kritischer Text, für alle Feuerwehrmitglieder:

Herr X. ist Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr und – wie er glaubt – ein sehr aktives Feuerwehrmitglied. Denn immerhin nimmt Herr X. des öfteren an Ausrückungen zu Festen teil, auch wenn es gratis etwas zu essen gibt ist er zur Stelle. Wie gesagt, ein aktives Mitglied der Feuerwehr – wie er glaubt. An technischen Schulungsabenden nimmt Herr X. nicht teil, denn er kennt sich ja sowieso überall aus, schließlich ist er ja bereits seit 20 Jahren bei der Feuerwehr!

Herr X. hat einen 18-jährigen Sohn. Dieser bestand vor einem Monat die Führerscheinprüfung und letzte Woche hat er sich ein neues Auto gekauft. Es ist Samstag Abend und der Sohn von Herrn X. lädt seine Freunde zu einer Disco-Tour in seinem neuen Pkw ein. Natürlich trinkt er keinen Alkohol, schließlich ist er ein selbstbewusster Lenker.

Während der Heimfahrt beginnt es zu schneien und die Fahrbahnen werden spiegelglatt. Und es passiert – aufgrund noch mangelnder Fahrpraxis kommt der Wagen ins Schleudern und prallt in der Folge gegen einen Baum. Die Mitfahrer können sich nur leicht verletzt selbst aus dem Pkw befreien, X’s Sohn jedoch ist hinter dem Steuer eingeklemmt. Seine Freunde verständigen Feuerwehr, Rettung und Gendarmerie.

Herr und Frau X. sitzen vor dem Fernseher, als die Feuerwehrsirene zum Einsatz ruft. Herr X. springt auf und rast ins Feuerwehrhaus, welches sich nicht unweit von seiner Wohnung befindet. Vier Kameraden sind bereits im Feuerwehrhaus, als er dort eintrifft. Es sind „Ab-und-Zu-Feuerwehrmitglieder“, doch jeder glaubt, der andere wird sich schon mit den Bergegeräten auskennen und rücken mit dem SRF zur genannten Einsatzstelle aus. Dort angekommen erkennt Herr X. den Wagen seines Sohnes, die eingeklemmte Person ist sein eigenes Kind. Er gerät in Panik, schreit seine Kameraden an, dass sie um Gottes Willen seinen Sohn befreien!

Doch nur betretene und schuldbewusste Blicke sind die Antwort. Jeder, „Ab-und-Zu-Feuerwehrmitglieder“ glaubte, sich überall auszukennen, weil er ja schon so lange Zeit bei der Feuerwehr ist. Aber die Teilnahme an Schulungen und technischen Übungen hielten sie nicht für notwendig – bis an diesen schicksalhaften Tag.

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